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Gymnastin Daria Bergmann aus Halle will auch für krebskranke Mutter zu Olympia

Daria Bergmann, einstiges Talent der Rhythmischen Sportgymnastik aus Halle, wagt ein Comeback – für sich und ihre an Krebs erkrankte Mutter. Ihr Weg zurück zu Olympia wird auf Instagram von Tausenden begleitet.


Von Sebastian Meyer, Mitteldeutsche Zeitung

Daria Bergmann aus will es in der Rhythmischen Sportgymnastik zu Olympia 2028 in Los Angeles schaffen. (Foto: Objektfoto)

Halle/MZ - Vor sechs Jahren befand sich Daria Bergmann, die alle nur Dasha rufen, auf dem Höhepunkt ihrer Leistungssportkarriere. Alles schien möglich für die Frau vom SKC Tabea aus Halle. 2017 war sie deutsche Meisterin in der Juniorenklasse der Rhythmischen Sportgymnastik geworden, gehörte 2018 als 16-Jährige zu den drei besten Gymnastinnen Deutschlands. Doch dann traf Daria Bergmann eine folgenschwere Entscheidung: Sie entschied sich gegen den Leistungssport.


Ein Comeback mit Herz und Leidenschaft


Ein Entschluss, den sie bis heute bereut. „Ich glaube ich war damals einfach trotzig“, sagt die 22-Jährige. Ein expliziter Grund, wieso sie ihre aufstrebende Karriere beendete, fällt ihr sechs Jahre später nicht mehr ein. „Ich habe einfach mein Talent weggeschmissen“, sagt sie betrübt.

Für immer? Zumindest dachte die Hallenserin das. Mit 22 Jahren sei es einfach zu spät, der Rhythmischen Sportgymnastik ein zweite Chance zu geben. Die Topathletinnen sind sehr jung, Olympiasiegerin Darja Varfolomeev, die dem Sport in Deutschland zu nie gekannter Aufmerksamkeit verholfen hat, etwa ist erst 17 Jahre alt.


Die Entscheidung für Olympia 2028


Dann aber sah Bergmann eben jenen Olympischen Wettkampf, in dem Varfolomeev brillierte, und es veränderte ihr Leben. Die Slowenin Ekaterina Vedeneeva spielte im Finale der Rhythmischen Sportgymnastik zwar keine große Rolle, kam auf Platz sechs, doch sie bewegte etwas in Bergmann. Denn: Sie ist bereits 30 Jahre alt.

„Es war wie ein Hallo-Wach-Signal, als ich sie bei Olympia gesehen habe“, sagt Bergmann. Immerhin wäre sie selbst bei den Spielen von Los Angeles 2028 vier Jahre jünger als es Vedeneeva jetzt ist, erst 26 Jahre alt.

Also schrieb sie ihrer ehemaligen Trainerin Claudia Marx vom SKC Tabea, dass sie wieder einsteigen möchte. Ihr Ziel: Nach sechs Jahren Pause will sie ihre einst hoffnungsvolle Karriere fortführen, es zu den Spielen 2028 schaffen. „Ich will meine Leidenschaft wieder aufblühen lassen“, betont Bergmann.


Rückkehr in den Leistungssport: Daria Bergmann teilt Leben auf Instagram


Und: Die ganze Welt kann ihr auf diesem besonderen Weg zusehen. Via Instagram teilt die grazile und zugleich muskulöse Sportlerin täglich Videos und Fotos von ihrem Comebackversuch. Bergmann ist in der Welt der Sozialen Medien ein kleiner Star. Fast 18.000 Menschen folgen ihr bei Instagram, verteilen Herzchen und kommentieren ihre Beiträge.

Bergmann, gebürtig aus Potsdam, war früher erst Gymnastin, dann Turnerin. Sie zeigte Talent, bekam die Chance auf das hallesche Sportinternat zu gehen. „Weil meine Schwester auch schon in Halle war, habe ich mich dafür entschieden“, erzählt sie über die Anfänge. „Ich wurde irgendwann aber zu groß für das Turnen.“

Claudia Marx überredete sie daher zur Rückkehr zur Rhythmischen Sportgymnastik. Durch hartes Training erlernte sie die Kunst der Sportart mit Reifen, Ball, Keulen und Band, bis sie 2017 den Juniorentitel für den SKC Tabea gewann. „Ich war damals wirklich sehr erfolgreich“, sagt Bergmann.


Daria Bergmann: „Ich teile einfach sehr gerne mein Leben“


Trotzdem legte sie als Teenagerin die Geräte in die Ecke, ließ die Gymnastikhalle hinter sich. Nicht aber den Sport. Bergmann, die an der Fernuni Hagen studiert, fokussierte sich stark auf Fitnesstraining, hat sogar eine Trainerlizenz. Irgendwann fing sie an, ihre Leidenschaft auf Instagram zu präsentieren, zeigte ihre Workouts und andere Teile ihres Alltags auf der Plattform.

„Ich teile einfach sehr gerne mein Leben“, erklärt Bergmann. Das hat ihr sogar Kooperationen mit Herstellern von Fitnessprodukten eingebracht. „Sie haben gesehen, wie viel Mühe ich mir auf Social Media mache und mich angeschrieben.“

Durch die Partnerschaften mit den Unternehmen kann sie als Influencerin sogar Geld verdienen. Das gebe ihr ein wenig Luft, da das Leben als Studentin finanziell nicht so leicht sei. Zum Leben reicht es aber nicht.


Daria Bergmann macht Krebserkrankung ihrer Mutter öffentlich


Noch nicht. Denn ihre Seite befindet sich im stetigen Wachstum. Ihre Follower sind für sie keineswegs einfach nur Fremde: „Ich liebe die Interaktion mit Menschen.“ Das hilft ihr auch bei einem privaten Schicksalsschlag.

Bei Bergmanns Mutter ist Krebs diagnostiziert worden. Auch das thematisiert sie bei Instagram. Auf Wunsch ihrer Mama, wie sie betont: „Sie wollte, dass ich es teile.“ Es löste eine Lawine an Zuspruch und Genesungswünschen aus: „Das hilft mir wirklich sehr“, sagt die Sportgymnastin mit einem sanften Lächeln.

Vor allem für ihre krebskranke Mutter möchte Daria Bergmann ihr ambitioniertes Ziel Olympia erreichen. „Sie kämpft gerade so sehr, also will ich das auch tun“, sagt sie entschlossen, denn „meine Mutter ist der wichtigste Mensch der Welt für mich“. Außerdem mag sie es nicht, wenn Dinge unvollendet sind. „Meine Karriere hat gerade irgendwie noch so ein offenes Ende“, sagt sie.

Damit aus dem offenen ein glückliches Ende wird, arbeitet Bergmann hart. Seit Ende August befindet sie sich im Training. „Es läuft bis jetzt eigentlich sehr gut“, sagt sie. Die genetischen Voraussetzungen, Beweglichkeit, Koordination, seien noch da.

Auch die grundlegenden Techniken mit den Geräten beherrscht sie nach wie vor. „Der Rest wird schon noch kommen“. Die Ausstrahlung auf der Bühne, ein wichtiges Element in der Gymnastik, in der Punktrichter entscheiden, war durch ihre Social Media-Präsenz sowieso nie weg.


Der Trainingsalltag auf dem Weg zurück zur Spitze


Sieben bis neun Mal in der Woche trainiert Bergmann im Leistungszentrum in Halle, an ihrer alten Wirkungsstätte. Das sind derzeit rund 30 Stunden in der Woche, mit der Aussicht auf mehr, wenn es erstmal wieder richtig losgeht.

„Ich bin sehr ehrgeizig und stur, ich arbeite so lange, bis etwas funktioniert“, sagt Bergmann. Aber es ist keine Last, es ist die wiederentdeckte Lust auf ihren Sport, die sie antreibt. „Ich bekomme in letzter Zeit viele Nachrichten, dass die Leute sehen, dass ich wieder strahle“, erzählt Bergmann.


Das Ziel: Nationalteam und Olympia-Qualifikation


Das erste Ziel ist die Rückkehr in das Nationalteam. „Sonst geht es nicht“, sagt Bergmann. Mit den ersten richtigen Wettkämpfen soll es im Frühjahr losgehen, dann muss sie zeigen, dass sie mit der nationalen Spitze mithalten kann. Sollte das geschafft sein, gilt es sich bei Europa- und Weltmeisterschaften ein Ticket für Olympia zu sichern.

 Ihre Mama und tausende Menschen bei Instagram werden sie auf diesem Weg begleiten.


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