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Was Turntrainer „Hubi“ aus Halle in Tokio am besten gefallen hat

Aktualisiert: 20. Aug. 2021

Der hallesche Trainer Hubert Brylok erzählt über seine Eindrücke und Erlebnisse von den Olympischen Spielen in Japan.


von Petra Szag, Mitteldeutsche Zeitung


Trainer Hubert Brylok (l.) gratuliert seinem Schützling Lukas Dauser zu olympischem Silber. (Foto: Imago/Aflosport)

Halle (Saale)/MZ - Der Griff zum Handy musste schnell noch sein. Hubert Brylok schrieb vor der Plauderstunde mit der MZ über seine Tokio-Erlebnisse seinem Schützling Lukas Dauser eine Nachricht, dass der ihm doch bitte seine Brille mit nach Halle bringen soll. Der Turntrainer hatte sie in seiner olympischen Männer-WG liegen lassen. Sie wurde gefunden. Bei einem Empfang des Verbandes am Montag in Frankfurt soll die Übergabe erfolgen.

Dauser als Silbermedaillengewinner ist dann natürlich dabei. Sein Coach hingegen macht nun Urlaub vom Turnen. „Ich will die nächsten Tage nutzen und endlich mal wieder etwas für mich tun“, sagt der 61-Jährige, den alle nur „Hubi“ nennen. Ein bisschen Zeit mit der Familie und Freunden verbringen, selbst Sport treiben. In den Wochen vor und während der Spiele hatte der in der Nacht zu Donnerstag Zurückgekehrte dabei zurückstecken müssen.

Tokio auf Sparflamme: Wegen der strengen Coronaschutzmaßnahmen durfte nichts unternommen werden


Auch bei Olympia selbst, wo es doch sicher Leerlauf gab? Schließlich war es Sportlern wie auch Trainern untersagt, sich außerhalb des Olympischen Dorfes zu bewegen. „Hätte ich mich im Kraftraum geschafft, dann hätte ich ja dreimal am Tag duschen müssen“, sagt Brylok augenzwinkernd - angesichts der Temperaturen von weit über 30 Grad und einer Luftfeuchte wie kurz vorm Gewitterguss in Tokio. Deshalb, so erzählt der Hallenser, habe er lieber seinen Turnern beim Krafttraining zugeguckt und die Gelegenheit genutzt, mit anderen zu schwatzen. Im Fitnessraum mit Speerwerfer Johannes Vetter zum Beispiel, der ganz viel Optimismus ausgestrahlt hat. „Das war das Schöne, sich mit Athleten anderer Sportarten mal austauschen zu können“, erzählt der Coach.

Auch wenn er in dem 16-Geschosser, in dem alle Deutschen mit den Belgiern und Albanern untergebracht waren, auf dem Fahrstuhl wartete, hatte sich so manch interessantes Gespräch ergeben. Wie mit Tennis-Überraschungssieger Alexander Zverev, bei dem er mit seinem Satz: „Man, siehst du müde aus, es läuft doch gut bei Dir“, das Eis gebrochen hatte. Mit Tennisspielerin Laura Siegemund hatte sich Brylok sogar eine Stunde lang bei der Wäscheausgabe unterhalten, um die Wartezeit zu überbrücken. Dort wurde die Schmutzwäsche der Dorfbewohner eingesammelt und später sauber wieder ausgegeben.

Wegen der strengen Coronaschutzmaßnahmen durfte nichts unternommen werden. Bei anderen Wettkämpfen zugucken war nur im TV in ihrem Quartier möglich. Jede Sportart hat da einen eigenen Kanal. Und abends hat man schon mal auf den Zimmern zusammen ein Bier getrunken. Die Bestellung („Gleich einen Kasten für alle.“) wurde beim DOSB aufgegeben, der in dem Haus ein eigenes Lager hat.

Trainer Hubert Brylok: „Die Gastgeber aber waren sehr freundlich“


Von Tokio, erzählt Olympiadebütant Brylok, habe er nicht viel gesehen. Nur aus dem Bus heraus, der sie zu den wenige Minuten entfernten Sportstätten gebracht hat. Viel Beton und Glas, hoch in den Himmel gebaut, um 38 Millionen Einwohner auf engstem Raum unterzubringen - das war nicht nach Bryloks Geschmack.

Die Gastgeber aber waren sehr freundlich. Viele der Ordnungskräfte sammeln Pins und freuten sich über einen mit dem Aufdruck Team Deutschland. An die 50 Anstecknadeln hat Halles Turntrainer verschenkt. Mit Corona-Tests übrigens haben es die Gastgeber sehr genau genommen. In den letzten 30 Tagen sei er trotz Impfschutz täglich kontrolliert worden, auch die Körpertemperatur wurde gemessen, in jeder Schleuse wurden die Sachen durchleuchtet. „Aber das war nicht schlimm, schließlich wollten wir ja alle sichere Spiele haben“, sagt Brylok.

Und wie sah’s mit dem Binnenklima aus? Wochenlang waren alle zusammen, vorab war ja noch ein Vorbereitungscamp in Joetsu. „Wir Turner sind wie eine große Familie“, erzählt Brylok. So habe er sogar US-Star Simone Biles vor ihrem Bronzemedaillengewinn am Schwebebalken abgeklatscht und „Good Luck“, also viel Glück, gewünscht. Und die eigenen Leute? „Wir haben versucht, trotz der Wichtigkeit dieses Wettkampfes auch Spaß zu haben“, sagt Brylok. Mit Platz acht im Teamwettbewerb sowie Dausers Barren-Silber ist das offensichtlich gelungen. Und ein unvergessliches Erlebnis sind die Spiele für den Trainer ohnehin ganz sicher.




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